:: Salzwassertropfen, fein zerstäubt & die Entdeckung der Langsamkeit.
Ozeanisches Klima. Diese Seeluft ist besonders gesund und rein, empfehlenswert nicht nur für den entwöhnten Großstädter, sondern auch bei einigen Erkrankungen wie Asthma, chronischer Bronchitis oder Hautirritationen. Sanatorien im Hochgebirge müssen hier Konkurrenz befürchten, so wesentlich ist die Luftreinheit am Meer.
Fotos: sand7mediaVon April bis Juni setzen sich die ausgedehnten Rapsfelder in Kontrast zum blauen Horizont. Der bekannte Poeler Forscher Hans Lembke hat rund um Malchow Rapssorten von Weltrang erforscht und gezüchtet.Der Natur ihren eigenen Raum lassen die Vogelschutzinsel "Langenwerder" und das Naturschutzgebiet "Fauler See". Langenwerder darf sich ältestes Vogelschutzgebiet im Bundesland nennen. Hier kann man auf Salz- und Feuchtwiesen die verschiedensten Vogelarten in ihrem Lebensraum beobachten. Die paar verbliebenen Fischerboote und Holzkutter im Kirchdorfer Hafen (früher waren es mehr) tragen ein besonderes Kürzel am Bug: "Poe". Kann es sein, dass tatsächlich der große Erzähler phantastischer Gruselmärchen hier ein kleines Zeichen hinterlassen hat? Und selbst wenn nicht: Auch "Poetry" ist ein viel versprechendes Wort.
Die Insel ist voller alter Geschichten, Legenden und mystischer Gestalten. Früher haben Großväter ihren Enkeln erzählt vom langen unterirdischen Gang, der Poel mit der Insel "Walfisch" vor Wismar verbindet. Und wir haben es geglaubt. Oder von der uralten Hexe unter den Schlosswällen, deren Leben sich verjüngt durch das Anlocken kleiner Kinder, beschützt von schwarzen Hunden aus der Unterwelt.Das zog rund um den Kirchacker auf dem vorderen Schlosswall eine unsichtbare Grenze. Jedenfalls für uns. Den alten Vitalienbrüdern um Klaus Störtebeker soll die Insel ein paar Jahre als Versteck gedient haben. Und ein Kuriosum bis heute das Schloss mit sternförmiger Festung, dessen Mauern es nicht mehr gibt, dessen Ziegelsteine berichteweise ab 1632 für die Ausbesserung der noch viel älteren Inselkirche und so manchen Familienbesitz umgewidmet wurden. In klaren Nächten steht der Vollmond genau über der fast 50 m hohen Turmspitze, in deren Uhrenboden zu steigen als Pennäler eine Ehre war. Die wurde nicht jedem zutei l, denn das Stellen und Nachprüfen des Uhrwerks war Arbeit für Ehrenmänner vom Fach. Auch die jüngere Geschichte bietet verschwiegene Abschnitte, mit dem ehemaligen Armeestützpunkt samt verschwundener Bunkeranlage, und einer Radarstation an der Nordspitze der Insel, deren Turmgerüst man einige Jahre lang ungestört erobern konnte. Ein alter Poeler Dampfer liegt scheinbar zeitlos auf dem Grund der Kirchsee, markiert von einer Boje und den Ruderbooten, die sich immer wieder nähern. Einblicke dieser und anderer Art finden sich im Inselmuseum, das Auskunft gibt zur mittlerweile 845 jährigen Geschichte von Poel. Das 37 qkm große Eiland ist dabei das jüngste aller Ostseebäder in M-V. Die touristische Entwicklung geht maßvoll mit den Ressourcen der Landschaft um.
Ein Inselhotel und ein Gutspark sind die größten Häuser am Platz, dann folgen auch schon, neben einigen Pensionen und Ferienappartements, die größeren und kleinen Ferienwohnungen, die Alteingesessene und Zugezogene überall auf Poel vermieten. Viele solcher Bungalows sind umgeben von kleinen Gärten, von den Besitzern sorgfältig gepflegt. Meistens stehen die Autos der Feriengäste den ganzen Tag vor der Tür, und die Familie ist per Fahrrad zu einem der Strände gefahren oder unterwegs irgendwo im Hinterland der Küste. Manchmal auch auf Reitpfaden, das ist für die Insel nicht ungewöhnlich. Timmendorfer Leuchtturm, Zeltplatz und Sommervergnügen, Minigolf am "Schwarzen Busch", Segel- und Surfsport am Kirchdorfer Hafen und in Wangern. Zwischendurch stehen 11 km Sandstrände zur Auswahl. Falls die Landverbindung, die nicht natürlichen Ursprungs ist, von Sturmfluten irgendwann überspült werden sollte, dann ist die Insel wieder ein bisschen am Ende der Welt. Doch das ist gar nicht schlecht. Denn dieser Landverlust kann schließlich zum Gewinn an Zeit werden.
Text: Ricky Laatz