:: Schloss Bothmer
Wer sich heute ein Schloss bauen möchte, der braucht Diplomatie, viel harte Arbeit und eine vorteilhafte Ehe. So könnte man vermuten. Denn vor zweihundert Jahren hat diese Formel sehr gut funktioniert, und das sehenswerte Ergebnis dieses Schlossbaus kann man heute immer noch bestaunen. Als Hans Caspar von Bothmer um das Jahr 1715 an einen Stammsitz für seine Familie dachte, lag bereits eine arbeitsreiche Zeit in den Diensten des hannoverschen Fürstenhauses hinter ihm, und auch an der Einsetzung des britischen Königs Georg I. war er beteiligt. Von Bothmer muss einiges Geschick besessen haben: als Diplomat stieg er vom ursprünglich niederen Landadel in den Rang eines Reichsgrafen auf. Ein gutes Gehalt und verschiedene Bonuszahlungen kamen dazu.
Fotos: sand7mediaÜberwiegend in London beschäftigt, übernahm sein Bruder Friedrich Johann von Bothmer die Suche nach geeigneten Ländereien. Etwa um 1721 wurde er im Klützer Winkel fündig. Zu einem wegen der ungünstigen Wirtschaftslage sehr guten Preis übernahm man den Besitz der Familie Plessen. Ganz private Diplomatie führte bald darauf zu einem Ehekontrakt mit der ebenfalls hier ansässigen Familie von Bülow, und so kam 1729 mit dem Gut Elmenhorst weiterer Grundbesitz hinzu. Die oben beschriebene Formel war jetzt vollständig, und einem Schlossbau sowie der Versorgung der Familie durch die Gutsbewirtschaftung stand jetzt nichts mehr im Weg.
Heute führt eine grüne, in Deutschland einmalige Festonallee die Besucher zum Schloss. Das 1932 fertig gestellte Bauwerk hat Hans Caspar von Bothmer selbst nicht mehr erlebt. Einige seiner Spuren sind aber immer noch erhalten: Wie man weiß, hatte der Bauherr von seinem Amtssitz in der Downing Street direkten Blickkontakt zum Buckingham House, dem Vorgänger des heutigen Buckingham Palace. Dieser gilt wiederum als eines der Vorbilder für die Anlage in Mecklenburg. Und im Schlossgiebel findet sich der Wappenspruch Hans Caspar von Bothmers: „Respice finem“ - Bedenke das Ende. „Was immer du tust, das tue sorgfältig und bedenke das Ende“, so lautet der vollständige Satz.
Zu Zeiten des Barock wohnte man etwas anders als heute. So findet sich die barocke Raumtheorie auch im Inneren von Schloss Bothmer wieder: Ein repräsentatives Treppenhaus fehlt, und in der Mitte des Hauptgebäudes, Corps de Logis genannt, sind die zentralen Säle angeordnet. Seitlich schließen sich die symmetrischen Appartements an, deren Räume lange Türfluchten bilden. Der barocke Stil zeigt sich am erhalten gebliebenen italienischen Deckenschmuck, an Kaminöffnungen und Wandpaneelen des Corps de Logis. Hier befanden sich die Wohn- und Repräsentationsräume der gräflichen Familie. Der dunkel vertäfelte, große Festsaal im Obergeschoss hat sich relativ gut erhalten, sein Deckenstuck wurde bereits in den Jahren 1996 restauriert. Die früher prägende Ahnengalerie ist allerdings verloren gegangen - wie fast die gesamte bewegliche Inneneinrichtung des Schlosses.
Allein die Größe des Areals verleiht Schloss Bothmer repräsentativen Charakter. Die vergleichsweise zurückhaltende Ausführung verbindet es eher mit typischen Guts- und Herrenhäusern. Damit steht es im Kontrast zu der anderen großen Schlossanlage, die sich in Mecklenburg seit den Tagen des Barock erhalten hat. Schloss Ludwigslust wurde dreißig Jahre nach Bothmer als wirkungsvoller Residenzbau errichtet. Doch anders als in Ludwigslust steht Schloss Bothmer auf einer sieben Hektar großen Insel, die nach holländischem Vorbild von einer Graft umgeben ist. Das hatte ganz praktische Gründe: das Gelände befindet sich in einer Niederungszone, und die Graft diente somit der Entwässerung. Ludwigslust wiederum war eine trockene Gegend. Um überhaupt an den nötigen Nachschub für die Wasserspiele zu kommen, musste bis 1760 ein 28 Kilometer langer Kanal angelegt werden.
Was verloren ging, das kann nur zum Teil wieder ersetzt werden. Die Inneneinrichtung und verschiedene Baumalleen fielen wirtschaftlichen Krisen, der Zeit nach 1945 und dem gesell-schaftlichen Wandel zum Opfer. Die steinerne Grundsubstanz der meisten Gebäude ist allerdings immer noch in brauchbarem Zustand. Nach einem Leben als Adelssitz und Fami-liengut, nach Belagerung, Plünderung, zahlreichen Umbauten und zweckfremden Nutzungen sind auch die Jahre des Leerstands erst einmal vorbei. Eine noch andauernde, umfangreiche Sanierung soll wieder eine angemessene Nutzung von Schloss Bothmer als kulturelles Zentrum und Veranstaltungsort ermöglichen.