:: Vom Segeln an den schönsten Plätzen der Welt
Es ist wirklich sehr schade, dass man zwar über alle Weltmeere, aber immer noch nicht durch die Zeiten navigieren kann. Denn bei diesem Vorfall wäre man doch gerne dabei gewesen: Ein Segler kommt 1986 gesenkten Kopfes zu Herbert von Karajan, um ihm die Havarie seiner Rennyacht "Helisara" vor St. Tropez zu gestehen. Und was passiert jetzt? Von Karajan, unter Musikern durchaus nicht bekannt für übertriebene Angst vor dem Feinde, ruft dem Segler entgegen: "Ach, Herr Beilken, das ist doch nicht schlimm! Der Mast hatte ohnehin schon einen Defekt." Das hätte auch anders ausgehen können. Und ein gestandener Segler gewann eine Erfahrung hinzu. Verloren allerdings hat Berend Beilken im Laufe seiner Seglerkarriere an die achtzehn Masten. Obwohl viele Törns an der Grenze des Machbaren segelten, sind seine Crews von Extremschäden immer verschont geblieben. Sicherheit an Bord war wichtig. Fotos: Privatarchiv B. BeilkenOb man dieses Credo auch für die ersten Segelversuche gelten lassen kann? "Ich bin im Sternzeichen des Fisches geboren, somit ist mir das Medium Wasser bereits bei meiner Geburt in die Wiege gelegt worden. Schon mit fünf Jahren schipperte ich alleine im Vegesacker Hafen. Übrigens hatten meine Eltern vom ersten Ausflug damals keine Ahnung, und das war auch gut so, denn ich konnte noch gar nicht schwimmen!" In der folgenden Zeit schipperte der frühe Abenteurer dann mit seinen beiden älteren Brüdern, und recht bald erwachte der Wunsch, das Ruder selbst in die Hand zu nehmen.
Duell vor St. Tropez, Admiral's Cup & Copa del Rey
Im Verlauf der nächsten Jahre sollte Berend Beilken dann auf allen Weltmeeren unterwegs sein. Mittelmeer, Miami oder Rio de Janeiro: "Die schönsten Hochseeregatten finden auch an den schönsten Plätzen statt. Auf der ganzen Welt wird eben leidenschaftlich gesegelt." Worin das Geheimnis der Faszination Segeln lag? Für ihn in der wunderbaren Art und Weise, wie Natur und ein spannender Sport miteinander verbunden werden konnten. Hinzu kam die Freude am Erfolg. Zu den größten sport-lichen Erfolgen neben zahlreichen Deutschen Meistertiteln in verschiedenen Jollen zählen zweifelsohne die beiden "Admiral's Cup"-Siege. 1973 steuerte die Beilken-Crew die "Saudade", 1985 die "Diva" in England zum Erfolg. Für diese Leistung wurde das "Silberne Lorbeerblatt" verliehen, die höchste sportliche Auszeichnung in Deutschland. "Spaß hat auch ein Sieg bei der "Copa del Rey" vor Mallorca in den 80er Jahren gebracht, als wir den spanischen König schlugen. Der kam nach der Regatta sogar persönlich zu uns an Bord, um zu gratulieren."Dieses intensive Hobby ließ sich dabei fast immer auch mit dem Berufsleben zusammen bringen. "Ich hatte oft das Glück, dass ich den Segelsport bestens mit meinem Beruf vereinbaren konnte. Als ich die Segelmacherei leitete, gehörte er dazu. Denn ein Segelmacher muss schließlich seine Segel auch in Gebrauch sehen. Aber auch jetzt, als Unternehmer in meiner Firma "Procedes Beilken Digital Printing" profitiere von meinen Erfahrungen als Segler. Ob im Bereich der Tuchverarbeitung oder beispielsweise beim Erstellen von Aluminiumprofilen, da gibt es durchaus Parallelen." Eine der prägenden Erfah- rungen: Es geht nicht ohne Taktik und Strategie. Auf der Regattabahn muss man, wie im Berufsalltag auch, immer wieder spontan auf Veränderungen reagieren, innovativ sein. Im Augenblick ist das Unternehmen gerade dabei, das neueste Produkt "Windbreaker" auf den Markt zu bringen. "Wenn ich heute meine Firma betrachte, kann ich sagen, dass es wie auf einem Segelboot zugeht. Wie sind ein sehr gut eingespieltes Team."
Die neue Generation: Bremen-Neuseeland-St. Gallen
In besonderer Weise gilt das sicherlich auch für die Familie Beilken. Denn einer muss dem Segler den Rücken freihalten, das Privatleben organisieren, jemand sollte die Dinge kennen und verstehen die der Andere erlebt hat. Und idealerweise natürlich auch begleiten. Die Familienbilanz kann sich wirklich sehen lassen: "Unsere beiden Söhne segeln seit frühesten Kindertagen Regatten, sie sind praktisch seit der Geburt mit dem Segelsport in Berührung gekommen." Interessanter Weise wurde dabei mehr gemeinsame Zeit im Auto oder im Flugzeug verbracht als an Bord: "Meine Frau Silvia ist mit den Jungen über 170.000 Kilometer mit dem Bus und Trailer quer durch Europa gefahren." Sowohl Alexander als auch Björn sind leidenschaftliche Segler, begeistert von der Kombination Natur-Sport wie ihr Vater. Beide sind Mitglied im Wassersport Verein Hemelingen in Bremen und segelten bereits mit sechs Jahren Regatten im Optimisten. Sehr erfolgreich übrigens. Anschließend stiegen Alexander und Björn gemeinsam in die 420er-Jolle und konnten neben zahlreichen Regattensiegen 2006 den Titel des Deutschen Meisters ersegeln. Vor den Kiel kamen ihnen schon viele internationale Regattaplätze in Europa und rund um den Globus.So startete Björn im Optimisten bei der "Nordamerikanischen Meisterschaft". Alexander konnte sogar mit der neuseeländischen "America's Cup"-Crew trainieren. Berend und Silvia Beilken achten jedoch bei allem darauf, dass drei Regeln eingehalten werden:"Bei uns steht an erster Stelle die Familie, dann folgen Schule sowie Ausbildung, und dann der Sport!" In Bezug auf kleinere Ausnahmen zugunsten der dritten Regel, davon gehen wir aus, waren die Eltern sicherlich gesprächsbereit. Mittlerweile studiert Alexander seit dem Sommer 2008 im schweizerischen St. Gallen Betriebs- und Volkswirtschaft, und auf das gerade abgelegte Abitur von Björn wird der Zivildienst folgen.
Die Procedes in ihrem Lieblingsrevier
Eine frische Meeresbrise hat die "Procedes" vor kurzem in neue Gewässer geführt. Seit vielen Jahren Mitglied im Weser Yacht Club Bremen, fühlen sich Berend und Silvia Beilken nun auch dem Segelclub Kühlungsborn verbunden, seitdem ihre Hanse 430 hier liegt. "Die Ostsee war schon immer unser Lieblingsrevier. In Warnemünde haben unsere Söhne oft trainiert und an vielen Regatten teilgenommen." Für Björn und Alexander steht Anfang Juli die Weltmeisterschaft der J-80-Klasse im spanischen Santander auf dem Programm. Und dorthin reisen sie natürlich nicht nur mit dem olympischen Gedanken. Ob sie hier womöglich den Sohn des spanischen Königs schlagen können? Es wäre in jedem Fall nur eine der schönen Familientraditionen.Text: Ricky Laatz